Als nächstes betrachten wir die geometrischen Gebilde Punkt und Gerade in der Ebene. Dazu werden die Begriffe erst definiert und dann wird auf Lagebeziehungen und Abstände eingegangen.
Um Figuren in der Ebene festzulegen benötigt man ein zweidimensionales Koordinatensystem. In der Mathematik befindet sich dessen Koordinatenursprung meist in der Blattmitte, die x-Achse zeigt nach rechts und die y-Achse nach oben. In der Informatik ist es manchmal auch üblich den Koordinatenursprung nach oben links zu legen und die y-Achse nach unten zeigen zu lassen, da dies dem „Koordinatensystem“ auf einem Computerbildschirm entspricht.
Der Punkt ist das grundlegende Element der analytischen Geometrie.
Der Punkt mit den Koordinaten wird durch seinen Ortsvektor definiert.
Punkte - gleich in welchem Raum - können nur zwei Lagebeziehungen haben: entweder sind sie identisch oder nicht. Für den zweiten Fall ist der Abstand der Punkte von Interesse.
Sind die beiden Punkte und gegeben, dann ergibt sich der Abstand der Punkte aus der Länge des Vektors .
Für und gilt .
Dies lässt sich entsprechend auch auf mehrdimensionale Räume übertragen.
Eine Gerade ist die Menge aller Punkte, die auf einer Geraden liegen.
Alle Punkte, deren Ortsvektoren sich durch mit und darstellen lassen, liegen auf einer Geraden.
Dabei werden Stützvektor und Richtungsvektor der Geraden genannt.
Der Punkt mit heißt Stützpunkt, der Punkt mit Richtungspunkt.
Diese Definition mutet etwas eigenartig an, da man eigentlich einen Begriff nicht über sich selbst definieren kann. In der analytischen Geometrie werden jedoch komplexe Gebilde wie Geraden, Ebenen, Räume u.Ä. als Mengen von Punkten aufgefasst.
Da in dieser Darstellung einer Geraden Vektoren benutzt werden und ein Parameter vorliegt nennt man sie auch vektorielle Form oder Parameterform.
Bildlich vorgestellt ist der Stützpunkt ein beliebiger Punkt auf der Geraden. Zu dem Ortsvektor jedes anderen Punktes gelangt man, indem man ein beliebiges Vielfaches des Richtungsvektors zum Stützvektor addiert.
Gegeben seien die Punkte und . Die Parameterform der Geraden durch die beiden Punkte ergibt sich durch:
mit .
Dies lässt sich auf beliebigdimensionale Räume übertragen.
Neben der bereits vorgestellten vektoriellen Geradendarstellung gibt es im Zweidimensionalen - und nur im Zweidimensionalen - auch noch die Normalenform einer Geraden. Seien der Stützvektor und der Richtungsvektor der Geraden, dann ergibt sich die Normalenform durch , wobei der Vektor Normalenvektor des Vektors ist, also bzw. gilt.
Gegeben seien die Punkte und . Die Normalenform der Geraden durch die beiden Punkte ergibt sich durch .
Unter der allgemeinen Form einer Geraden versteht man eine Gleichung der Form . Wie die Normalenform ist auch diese Geradendarstellung nur in der Ebene möglich.
Gegeben seien die Punkte und . Um die allgemeine Form der Geraden durch diese beiden Punkte zu ermitteln, bestimmt man zuerst die Normalenform, in diesem Fall .
Die allgemeine Form erhält man durch Auflösen des Skalarproduktes:
Durch Betrachten des Ergebnisses erkennt man: , wobei gilt. Für bzw. ist also ; stellt man diesen Sachverhalt grafisch dar, dann sieht man, dass in diesem Fall die Gerade durch den Koordinatenursprung verläuft. Dies lässt sich auch beweisen, indem man den Koordinatenursprung in die allgmeine Gleichung einsetzt:
Eine Sonderform der Normalenform ist die Hessenormalenform1). Diese ergibt sich, wenn man zur Ermittlung der Geradengleichung statt des Normalenvektors den Normaleneinheitsvektor benutzt.
Für eine Gerade mit dem Stützvektor und dem Normalenvektor lautet die Hessenormalenform dementsprechend
oder
Entsprechend dazu existiert auch die Hesseform als Sonderform der allgemeinen Form. Für die Gerade lautet die Hesseform .
Zwischen einem Punkt und einer Gerade existieren zwei mögliche Lagebeziehungen: entweder der Punkt liegt auf der Geraden oder nicht. Im letzteren Fall ist der Abstand des Punktes zur Geraden von Interesse.
Ob ein Punkt auf einer Geraden liegt lässt sich ganz einfach durch Einsetzen in eine der drei Darstellungsformen der Geraden überprüfen; entsteht eine wahre Aussage, dann ist der Punkt Element der Geraden, bei einer falschen Aussage liegt er nicht auf der Geraden.
Sei der Ortsvektor des Punktes und die Hessenormalenform der Geraden , dann wird der Abstand des Punktes von der Geraden durch berechnet.
Sei die Hesseform der Geraden , dann wird der Abstand des Punktes von der Geraden durch berechnet.
In der Ebene existieren für die gegenseitige Lage zweier Geraden nur drei mögliche Fälle: der Schnitt, die Parallelität und - als Sonderfall der Parallelität - die Identität.
Hierbei spielen beim Schnitt der Schnittpunkt und der Schnittwinkel eine besondere Rolle, im Falle paralleler Geraden der Abstand.
Der Abstand zweier paralleler Geraden entspricht dem Abstand eines beliebigen Punktes der einen Geraden von der anderen Geraden. Um ihn zu berechnen setzt man den Punkt der einen Geraden in die Hesseform3) der anderen Gerade ein.
Zwei Geraden, deren Richtungsvektoren bzw. deren Normalenvektoren nicht kollinear sind, schneiden sich.
Der Schnittwinkel zweier nichtparalleler Geraden entspricht dem Winkel zwischen ihren Normalenvektoren bzw. ihren Richtungsvektoren.
Der Schnittpunkt ergibt sich aus der Lösung des linearen Gleichungssystems, welches durch die beiden allgemeinen Formen der Geraden aufgestellt wird.
Gegeben seien die Geraden und . Die Geraden schneiden sich und demzufolge existiert kein , so dass gilt.
Der Schnittwinkel lässt sich durch berechnen.
Für den Schnittpunkt ergibt sich folgendes lineares Gleichungssystem:
Durch Lösen dieses Gleichungssystems kommt man auf und .