sebix hat geschrieben:Ich sage es immer wieder und werde dabei nicht müde: Du qualifizierst dich nicht durch das Studium, sondern was du abgesehen davon sonst noch kannst. Das zeigt, dass du nicht einfach nur studierst, weil du studierst, sondern dass du wirklich Interesse hast und etwas schaffen willst!
Das Studium ist ein großes, mehrjähriges Projekt. Erstes Ziel ist die Pappe am Ende. Das heißt, Deine Hauptaufgabe liegt irgendwo zwischen Aussitzen und Durchkommen.
Ein nicht geringer Teil des Studiums werden Profs damit beschäftigt sein, Dich zu frustrieren mit Dingen, wo Du Dich fragst, warum Du Elektronen in einem Transsistor zählen sollst oder ob Du jetzt wirklich 90 Minuten Zeit damit verbracht hast, die Küche eines bekannten Systemgasthauses finanziell zu bewerten und nun auch weißt, dass der Acker von Bauer Heinz, 20km entfernt von jeglicher Zivilisation zuwenig Laufkundschaft für ein Lichterkettenzubehörcenter bietet, obwohl Bauer Heinz Dir den Acker so günstig anbietet.
Dann gibt es da noch die Fächer, die sich in etwa mit dem beschäftigen, wie Dein Studiengang heißt. Da gibt es vier Möglichkeiten:
1) Der Prof erklärt Dir, was Du wissen musst, aber das ist selten.
2) Der Prof liest Dir vor, was Du wissen musst und du hast bis zur Prüfung Zeit, dir das wissen irgendwie anzueignen.
3) Der Prof verbringt ein Semester damit, Dir zu erklären, dass er keinen Hiwi hat und dass er einen bräuchte. Nicht Dich, er will sich nur über die Leitung aufregen. Die Information, was Du Dir für die Prüfung selbst aneignen musst, bekommst Du von den Studenten, die im letzten Semester durch die Prüfung gefallen sind.
4) Der Prof beginnt ab der ersten Vorlesung damit, Dich runterzumachen, weil Du den Stoff, den er unterrichtet noch nicht selbstständig vorbereitet hast und dass es nicht seine Aufgabe ist, Dir Deine Mama zu ersetzen.
In allen Fällen ist das Fach des gerade vor Dir stehenden Profs mit großem Abstand das wichtigste, was Du in Deinem Studium und in deinem ganzen Leben zu tun hast. Also erzähl nicht, dass Dir irgendwo die Zeit gefehlt hat, es gibt nichts wichtigeres in Deinem Leben als genau dieses Fach und wenn Du das anders siehst, dann bist Du unfähig für das Studium.
Stellst Du alle Profs soweit zufrieden, dass sie Dir den Schein geben, bist Du Informatiker - oder was immer Du studiert hast.
Du wirst dabei vieles lernen. Häufig wird es nichts mit Deinem Studienschwerpunkt zu tun haben, aber Du wirst mit der Pappe zeigen können, dass Du Dich in absolut jeden Scheiß selbstständig einarbeiten kannst und ein großes Projekt erfolgreich gewuppt hast.
Idealerweise lernst Du nebenher, Dich mit dem Inhalt Deines Studienfaches auseinander zu setzen. Deine Profs werden Dich inspirieren, in dem sie Dir in der Vorlesung Stichwörter vorlesen, an die Tafel schreiben oder Dir ins Gesicht brüllen. Mitschreiben, nachlesen und gucken, wohin Du Dich entwickeln möchtest. In der Vorlesung wird prinzipiell an der Oberfläche gekratzt, den Rest kannst Du Dir ja selbstständig aneignen. Wenn Du das tust, wirst Du ein fähiger Informatiker (oder was immer Du studieren wirst).
Dass Du lernst, ist vorrangig Dein Problem. In einer kleinen "Lehranstalt" wirst Du eher die Chance haben mit Profs in Berührung zu kommen, also auch Fachgespräche führen können, vielleicht Jobs zugeschoben bekommst oder eine schriftliche Bewertung Deiner Arbeit erfragen darfst, weil der Prof Dich tatsächlich als Existent wahrnimmt, wenn Du in der Masse nicht komplett untergehst. Die Masse ist an kleinen Standorten nicht so groß.
Deine Standortwahl kann durchaus auch enthalten, ob es Fachbereiche gibt, die Dich auch interessieren, um mit diesen zusammen arbeiten zu können und Dich vielleicht schon in eine interessante Richtung entwickeln zu können. Ich mache heute 3D-Konstruktion im Job - das erstemal, dass wir mit 3D zu tun hatten war im Maschinenbau, wo wir 3D-Modelle für eine Rapid-Prototyping-Maschine optimierten, also auch mit 3D Daten zu tun hatten. 2000 haben wir mit 3D-Daten im STL-Format gearbeitet, 2013 habe ich u.a. einen STL-Import und Export für meinen jetzigen Arbeitgeber geschrieben.
Partys können Dein Studium gefährden. Parties gibt's auch an entlegenden Hochschulen, aber eben nicht täglich. In Emden gab's jeden Mittwoch-Abend Party - warum Mittwochs? Weil die viele Studenten am Wochenende zu Mama fuhren - Mittwochs war am meisten los. Am Wochenende traf man sich eher in kleiner Runde und eine "Flurparty" im Treppenhaus des Wohnheims, bzw. in den Zugängen gab's auch öfter. Man setzte sich einfach zusammen, Bier und Chips, Kerzenlicht dazu, jemand macht die Tür auf und lässt Musik laufen... geht alles und ist viel überschaubarer und intimer als die Anonymität einer Disko-Veranstaltung.
Schlussendlich wirst Du nach Pragmatismus und Gefühl entscheiden. Ist die Uni bei Dir in der Nähe akzeptabel? Gut. Wenn nicht, guckst Du Dich um.
Ich brauchte so oder so eine eigene Wohnung und meine Eltern "klammern" auch nicht, also konnte ich 350km weit wegziehen und bin einmal oder alle zwei Monate nach Hause gefahren. Und das war für mich in Ordnung. Die Hochschule hat mir vom Gefühl her zugesagt. Später habe ich erfahren, dass sie im Ranking in der Zeit wohl nicht schlecht darstand.
Aber wer kennt schon eine Hochschule in Emden? Das hat bisher auch keinen gestört, ich kann die Wahl für Emden jedenfalls für mich begründen, falls mal jemand danach fragt.
Merke: Wer Ordnung hellt ist nicht zwangsläufig eine Leuchte.
Ich beantworte keine generellen Programmierfragen per PN oder Mail. Dafür ist das Forum da.