eLearning beim Programmieren

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Gruener
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eLearning beim Programmieren

Beitrag von Gruener » Mi Jun 10, 2015 11:29 am

Hallo liebes Forum,

ich schreibe hier als Teil eines Projektteams in einem Innovationslabor, welches sich mit eLearning und digitalen Lernformen befasst.

Im Zuge eines aktuellen Gedankenspiels haben wir uns mit der Möglichkeit Livestreaming-gestützter Lerngruppen und Kursformate auseinandergesetzt.

Zum Beispiel würde ein Programmierer live programmieren und gleichzeitig erklären, was er tut, während Nutzer zuschauen und Fragen stellen können.

Es könnte auch so aussehen, dass ein Moderator, der gleichzeitig Teil der Lerngruppe ist (also kein Lehrer), anhand von Lern- & Übungsmaterialien durch einen Videostream führt und die anderen Gruppenmitglieder können sich untereinander im Livechat und mit dem Moderator austauschen – quasi die klassische Lerngruppe in der Unibib, nur online und unterstützt durch Kurs- & Übungsmaterial.

Es könnte auch sein, dass man sich einfach im Stream zusammenfindet, um nebeneinander zu lernen (im Sinne von geteiltes Leid ist halbes Leid) oder ein Programmierer, der den Stream führt und etwaige Fragen beantwortet sowie Live durch den Stoff führt, also das klassische Lernen nebeneinander in der Bib bzw. Tutorien / Repetitorien.

Weitere Fragestellungen, die uns dazu eingefallen sind und über die wir gerne diskutieren würden:
• Sind moderierte Lerngruppen-Livestreams für Dich interessant?
• Könntest Du Dir vorstellen, selbst eine Lern- & Übungsgruppe anhand von Lernmaterialien im Livestream zu leiten?
• Wie wichtig ist Dir der direkte Austausch mit anderen für Lernerfolge und Deine Lerndisziplin?
• Wie wichtig ist es Dir, dass Du jederzeit Zugriff auf Kurse und Lern- + Übungsmaterialien hast?
• Wie wichtig ist Dir ein qualifizierter Ansprechpartner beim Lernen?

Abschließend die Frage, was Dir grundsätzlich zu einer livestreaming-gestützten Lernplattform einfällt, was Dir dabei wichtig wäre oder ob Du aufgezeichnetes, kursbasiertes Lernen vorziehst?

Falls sich jemand bereit erklären würde, ein kurzes, schriftliches oder telefonisches Interview mit uns zu führen, würden wir uns sehr freuen, ansonsten danke schon mal für alle Antworten hier im Thema!

Gerne einfach hier im Beitrag oder per PN melden bei Interesse.

nufan
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Re: eLearning beim Programmieren

Beitrag von nufan » Mi Jun 10, 2015 12:36 pm

Hallo :)
Gruener hat geschrieben:• Sind moderierte Lerngruppen-Livestreams für Dich interessant?
Sowas hatte ich schon mal in einer Lehrveranstaltung an der Uni.
Als Moderator im Stream stelle ich mir das schwierig vor die Erklärungen fließend zu halten und immer wieder auf etwaige Diskussionen und Fragen zu achten. Das hängt natürlich auch von der Gruppengröße ab.
Falls der Moderator "extern" ist, ist es für die Zuseher eine Herausforderung sich auf den Livestream selbst und eventuelle Diskussionen zu konzentrieren.
Gruener hat geschrieben:• Könntest Du Dir vorstellen, selbst eine Lern- & Übungsgruppe anhand von Lernmaterialien im Livestream zu leiten?
Für Uni-Gruppenarbeiten habe ich das schon mehrere Male gemacht, natürlich in sehr kleinen Gruppen (2-3 Personen) und ohne größere Software zur Unterstützung (lediglich Skype bzw. Teamviewer).
Gruener hat geschrieben:• Wie wichtig ist Dir der direkte Austausch mit anderen für Lernerfolge und Deine Lerndisziplin?
Ich muss zugeben beim Lernen eher egoistisch zu sein. Ich beiße mich lieber selbst durch anstatt mit anderen zusammen zu arbeiten. Wenn ich davon ausgehe, dass ich dieses Angebot neben meinem Job und Uni in Anspruch nehme, kanns auch schon mal später werden. Lerngruppen um 3 Uhr nachts hatte ich auch schon, aber das ist wohl eher die Ausnahme denke ich ;)
Gruener hat geschrieben:• Wie wichtig ist es Dir, dass Du jederzeit Zugriff auf Kurse und Lern- + Übungsmaterialien hast?
Sehr wichtig. Vor allem auch aus zuvor genannten Grund mit der Zeit.
Gruener hat geschrieben:• Wie wichtig ist Dir ein qualifizierter Ansprechpartner beim Lernen?
Natürlich kommt man immer wieder an einen Punkt, an dem man einfach nicht weiter weiß und sich durchbeißen muss. Jemanden mit dem entsprechenden Know-How zu fragen kann die Zeit bis man etwas verstanden hat deutlich verkürzen. Allerdings ist dann der - durchs Durchbeißen entstehende - Lerneffekt deutlich geringer. Eine Lehrveranstaltung von mir meinte mal man solle Tutoren nicht als "walking debuggers" sehen, das ist auch meiner Meinung nach wenig förderlich. Ab welchen Punkt der Frustration man dann nachfragt bleibt jeden selbst überlassen. Prinzipiell finde ich es schon wichtig, welche Auswirkung das auf den Lerneffekt hat ist stark von der lernenden Person abhängig.
Gruener hat geschrieben:Abschließend die Frage, was Dir grundsätzlich zu einer livestreaming-gestützten Lernplattform einfällt, was Dir dabei wichtig wäre oder ob Du aufgezeichnetes, kursbasiertes Lernen vorziehst?
Der Vorteil an aufgezeichneten Kursen ist, dass man leicht zurückspringen kann und sich wichtige Stellen nochmal anhört bevor man weitergeht. Klar kann ich auch den Livestream aufzeichnen und danach zur Verfügung stellen. Wenn ich aber beim Livestream schon am Anfang nicht mehr mitkomme, dann bringt mir unter Umständen der restliche Stream und die ganze Moderation nichts, bis ich mir das Video danach von vorne angesehen hab. Der Vorteil an Livestreams ist ja gerade die Möglichkeit der Interatkion, die damit verloren geht. Wir versuchen hier beides zu kombinieren - aufgezeichnete Informationen (in Textform) und eine Möglichkeit der interaktion über das Forum.

Onraku
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Registriert: Fr Sep 09, 2011 2:14 pm

Re: eLearning beim Programmieren

Beitrag von Onraku » Mi Jun 10, 2015 7:19 pm

Gruener hat geschrieben: Zum Beispiel würde ein Programmierer live programmieren und gleichzeitig erklären, was er tut, während Nutzer zuschauen und Fragen stellen können.
Da wollte ich gerade losfeuern, habe aber nochmal nachgedacht sehe das jetzt etwas differenzierter... Also:

Auf Youtube gibt es einen Kanal von einem gewissen "CPlusPlusGuy" (oder so ähnlich) in dessen Videos er live programmiert, und genauso live erläutert was er da macht. Der Vergleich hinkt ein bisschen, weil dort nicht "live" Fragen gestellt und beantwortet werden.
Besonders ist mir jedoch aufgefallen, dass sich beim "liveprogrammieren" natürlich auch mal Fehler einschleichen, und wenn dann im Video 2 min nach einem fehlenden Semikolon gesucht wird schwindet meine Aufmerksamkeit beachtlich. Allerdings fand ich es als Anfänger besonders motivierend, wenn ich genau solche Kleinigkeiten direkt bemerkt habe, und nicht erst beim "livedebuggen".
Nun ja, Debuggen selbst sollte natürlich auch einen Platz im Lehrplan haben, und wenn Schüler direkt "eingreifen" können würde ich das als optimal einschätzen.
Dann ist weiterhin zu beachten, wo zwischen a) improvisiert und b) komplett geskriptet das ganze stattfindet.
Wie wichtig ist es Dir, dass Du jederzeit Zugriff auf Kurse und Lern- + Übungsmaterialien hast?
10/10, erst Recht wenn man eine Nachteule ist...
Wie wichtig ist Dir ein qualifizierter Ansprechpartner beim Lernen?
Mit wachsender Erfahrung immer weniger wichtig.
Das Internet ist voller nützlicher Informationen, genauso wie es Halbwahrheiten und Bullshit gibt. Da ist es anfangs schwierig zu filtern, wobei die Programmiererei noch eher in der ersten Hälfte zu finden ist. Ich bin aber auch schon auf Haufenweise fehlerhafte Schaltpläne gestoßen, und wenn es um Tontechnik geht überwiegt leider der Bullshit, so zumindest mein Eindruck innerhalb meiner Lernfelder.

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Re: eLearning beim Programmieren

Beitrag von Xin » Mo Jun 15, 2015 2:48 pm

Gruener hat geschrieben:ich schreibe hier als Teil eines Projektteams in einem Innovationslabor, welches sich mit eLearning und digitalen Lernformen befasst.

Im Zuge eines aktuellen Gedankenspiels haben wir uns mit der Möglichkeit Livestreaming-gestützter Lerngruppen und Kursformate auseinandergesetzt.

Zum Beispiel würde ein Programmierer live programmieren und gleichzeitig erklären, was er tut, während Nutzer zuschauen und Fragen stellen können.
Wo ist die Innovation?
Solche Channels gibt's wohl auf Twitch bereits. Die Leute gucken zwar offenbar gerne beim Spielen zu, aber weniger gerne beim Programmieren.
Gruener hat geschrieben:Es könnte auch so aussehen, dass ein Moderator, der gleichzeitig Teil der Lerngruppe ist (also kein Lehrer), anhand von Lern- & Übungsmaterialien durch einen Videostream führt und die anderen Gruppenmitglieder können sich untereinander im Livechat und mit dem Moderator austauschen – quasi die klassische Lerngruppe in der Unibib, nur online und unterstützt durch Kurs- & Übungsmaterial.
Und wieder stellt sich die Frage nach der Innovation?
Ob die Leute nun nebeneinander sitzen (Extreme Programming) oder per TeamViewer an unterschiedlichen Rechnern...!?
Gruener hat geschrieben:Es könnte auch sein, dass man sich einfach im Stream zusammenfindet, um nebeneinander zu lernen (im Sinne von geteiltes Leid ist halbes Leid) oder ein Programmierer, der den Stream führt und etwaige Fragen beantwortet sowie Live durch den Stoff führt, also das klassische Lernen nebeneinander in der Bib bzw. Tutorien / Repetitorien.
Ich habe C++-Tutorien gegeben und solche Sachen auch schon in Einzelbetreuung mittels Netzwerktexteditoren (Gobby), Skype und Teamviewer.
Wenn es darum geht, effizient zu lernen, sollte man die Elektronik abschalten und sich eine Tafel suchen, vor die man sich setzen kann.
Gruener hat geschrieben:Weitere Fragestellungen, die uns dazu eingefallen sind und über die wir gerne diskutieren würden:
• Sind moderierte Lerngruppen-Livestreams für Dich interessant?
Klar, wenn ich da Wissen abholen kann. Oder als Moderator/Tutor eben Geld.
Gruener hat geschrieben:• Könntest Du Dir vorstellen, selbst eine Lern- & Übungsgruppe anhand von Lernmaterialien im Livestream zu leiten?
Habe ich schon. Es ist aber nicht effektiv, weil man nicht mitbekommt, wer gerade einschläft oder nichts versteht, aber sich dabei lieber nicht melden möchte. Onlinemedien nutzen Studenten, die das Wissen aktiv anfordern, aber schädigen Studenten, die an die Hand genommen werden müssen.
Das läuft auf eine Elitenförderung raus, also gerade diejenigen, die eigentlich keine Förderung benötigen, da sie über ausreichend Eigenmotivation verfügen. Faktisch erspart man denjenigen, die freiwillig Google nutzen würden, den Aufwand, Google tatsächlich zu nutzen.
Gruener hat geschrieben:• Wie wichtig ist Dir der direkte Austausch mit anderen für Lernerfolge und Deine Lerndisziplin?
Sehe ich wie dani93 und habe auch so mein Studium durchgezogen. Eine Lerngruppe beschäftigt sich primär mit Fragen, die mich nicht weiterbringen. Und erfahrungsgemäß werden meine Fragen nicht von der Lerngruppe beantwortet. Für mich ist das Zeitverschwendung.
Daraus entstanden die Tutorien: Wer Fragen hatte, bekam die Uhrzeit, wann das Tutorium stattfand und die Hochschule bezahlte mich für meine Zeit. Vorteile für alle.
Gruener hat geschrieben:• Wie wichtig ist es Dir, dass Du jederzeit Zugriff auf Kurse und Lern- + Übungsmaterialien hast?
Diese Seite hat zum Ziel, dass es keine Einschränkungen bzgl. des Zugriffs auf Lern- und Übungsmaterialien gibt.
Es gibt diese Seite. Wenn Sie Kurse, Lern und Übungsmaterialien anzubieten haben, auf die jederzeit Zugriff bestehen soll, einfach melden, das bekommen wir geregelt. ;-)
Gruener hat geschrieben:• Wie wichtig ist Dir ein qualifizierter Ansprechpartner beim Lernen?
Spart meine Zeit. Aber der muss auch irgendwovon leben oder er besitzt sonst keine Hobbys. Er ist also nicht finanzierbar.
Gruener hat geschrieben:Abschließend die Frage, was Dir grundsätzlich zu einer livestreaming-gestützten Lernplattform einfällt, was Dir dabei wichtig wäre oder ob Du aufgezeichnetes, kursbasiertes Lernen vorziehst?
Livestreams finden nie dann statt, wenn ich Zeit habe. Aufzeichnungen kann man sich mehrfach ansehen.
Wenn Sie sich professionelle Aufzeichnungen von Streaming-Lernplattformen ansehen, werden sie feststellen, dass diese Aufzeichnungen quasi "Live-On-Tape" sind. Man sieht alle Vertipper und den anschließenden Aufwand, das zu korrigieren. Aber wenn's komplett schief läuft, wird das Video halt neu gedreht.
Eine Live-Performance kann sowas von in die Hose gehen... oder der Moderator macht sie zum x.-Mal und langweilt sich dabei zu Tode, was er unbewusst dann auch vermittelt.



Wenn es darum geht, dass jemand Programmieren lernt, wird das über Live-Streaming erst recht nicht funktionieren. Wer programmieren lernen möchte, muss nicht lernen, wie man etwas richtig macht, sondern wie man Dinge nicht falsch macht. Man muss nicht Lösungen präsentieren, sondern Probleme.
Das geht aber nur, wenn man dabei ist.

Wer die Grenzen lernt in denen er richtig programmiert, wird niemals über den Tellerrand hinausschauen. Wahrscheinlich kann er gar nicht alles, aber er hat sich einen Bereich eingegrenzt, in dem er richtig arbeiten kann - oder es wenigstens glaubt. Wer lernt, wie man nicht falsch programmiert, kann sich durch die ganze Welt bewegen und hat nur die Mienenfelder markiert. Und falls er eine neue Miene entdeckt, kennt er die Techniken, die Miene zu entschärfen. Man kann Informatik-Studenten stundenlang damit beschäftigen im "Hallo Welt" die Anzahl der Wörter korrekt zu bestimmen, weil nicht gelernt haben, nicht falsch zu programmieren, sondern nur gelernt haben richtig zu programmieren. Die Übung habe ich aus meinem Tutorium. Im Schnitt brauchten die Studenten 6 Stunden, um diese Aufgabe zu lösen - 3. Semester. Wer jede Fallgrube mitnahm brauchte bis zu 9 Stunden. Die Frage habe ich kürzlich zwei fast fertigen Studenten mal so als Denkaufgabe gegeben. Die Aufgabe ist so primitiv, aber wird trotzdem meistens falsch gemacht. Das knabbert deutlich am Ego der Studenten und da muss man durch.

Der Ansprechpartner ist dafür da, Tipps zu geben und die Motivation zu halten, während der Student sich durch die Fehler quält. Und das dauert. Und das Gejammer will man auch nicht durch das ganze Netz geschleust wissen.

Eine Gruppe zum Lernen anzuleiten ist eher wie eine Selbsthilfegruppe. Je größer die Gruppe, je weniger sie sich als Gruppe wahrnimmt (man sieht die anderen im Livestream nicht, man sieht nicht, wen der Moderator ansieht), desto egoistischer wird das Ganze. Der Moderator erlebt nicht, wie sich die Erleuchtung in den Gesichtern der Studenten breit macht. Entweder sie kommunizieren das (Oh, ich habe das jetzt verstanden -> Zeitverschwendung) oder der Dozent hat gar kein Feedback und unterrichtet im Blindflug. Ich sehe das nicht als befriedigend an, ich möchte so nicht unterrichten.

Ich sehe in einem Live-Streaming-Projekt zum Lernen auf allen Seiten nur Nachteile und daher darin keine Zukunft. Ich kann Ihnen hier Feedback geben. Ihre Anfrage ist 5 Tage alt. In einem Live-Streaming hätten Sie jetzt Sendepause. Sie würden ihr Projekt für eine gute Idee halten und eine Twitch-Kopie als Innovation anpreisen.


Dazu passend: Online-Lernplattformen: Bildung für alle ist eine Illusion
Merke: Wer Ordnung hellt ist nicht zwangsläufig eine Leuchte.

Ich beantworte keine generellen Programmierfragen per PN oder Mail. Dafür ist das Forum da.

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