Wissenschaftliches Arbeiten

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Xin
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Wissenschaftliches Arbeiten

Beitrag von Xin » So Mär 28, 2010 12:17 pm

Etwas amüsiert und an meine Hochschulzeit erinnert, habe ich heute folgenden Bericht gelesen.
http://www.focus.de/wissen/wissenschaft ... 93673.html

Während meines Studiums habe ich bereits an meinem Compiler entwickelt. Teilweise habe ich absichtlich Literatur ignoriert, erst entwickelt und dann nachgelesen, ob die Standardverfahren mein Problem besser lösen. Das kam vor - dann musste ich einen Teil neu entwickeln. Aber die meiste Dinge sind definitiv selbst entwickelt. Es gibt für meinen Compiler schon lange keine Lehrmeinung mehr, weil kein (mir bekanntes) Typsystem so restriktiv ist, wie das meines Compilers. Also gibt es auch keine Beispielimplementation oder gar ein Buch, dass eine solche Implementation beschreibt.

Bei einer Dokumentation meinte ein Professor von mir, dass ich nicht wissenschaftlich genug arbeite. Ich müsse meine Arbeit durch Belege anderer Autoren belegen. Der damalige Parser des Compilers war jedoch bereits vollkommen anders aufgebaut. Die Lehrbuchmeinung war sehr aufwendig und unflexibel. Ich habe einen Algorithmus Bis heute habe ich keine Literatur gefunden, die den damaligen Aufbau des Parsers beschreibt. Trotzdem sollte ich Belege bringen - und keine Internetquellen, sondern Fachbücher. Ich fragte den Prof, weshalb das erforderlich sei: Wissenschaftliches Arbeiten. Dafür sind Belege und entsprechende Quellen erforderlich. Ich fragte ihn, weshalb ich diese Quellen meinem eigenen Verstand vorziehen sollte. Weil ich damit belege, dass meine Gedanken korrekt sind. Also fragte ich ihn, wieso das irgendetwas belege, schließlich könnte sich der Autor des Buches ja auch irren. Nein, meinte der Prof, schließlich hätte ein Fachautor ebenfalls seine Quellen angegeben.
Also fragte ich ihn, wo der Autor des ersten zitierten Buches seine Quellen her hat - irgendwo muss die Kette der Quellen ja auch enden. Darauf konnte er mir keine Antwort geben.

In meiner Diplomarbeit verlangte er dennoch, dass ich aus dem Informatikduden zitiere. Leider stand im Informatikduden nicht das drin, was ich zitieren wollte. Das könnte ja als Hinweis gelten, dass ich einen Fehler mache, aber in dem Fall wäre ich in guter Gesellschaft. Also habe ich den Duden zitiert und dabei geschrieben, dass das unlogisch ist, es dem Großteil der Internetquellen widerspricht, wie auch der Lehre der Hochschule, an der ich dieses Diplom schreibe. Und halt auch beiläufig dem Informatikduden, wenn man ihn woanders aufschlägt. Die Internetquellen, die dem Duden entsprachen waren häufig nahezu 1:1 abgeschrieben. So verbreitet sich gut recherchierter Unsinn.
Schlussendlich haben die verlangten Zitate nur viel Text bedeutet, um zu zitieren und die Zitate anschließend zu widerlegen.

Falls ihr also irgendwann Arbeiten mit Zitaten machen müssen, nehmt euch einen Entfernungsmesser und benutzt euren Verstand, wenn ihr Zweifel habt. Wenn in den 1960ern (also die letzten 50 Jahre(!)) keiner auf die Idee gekommen ist, auf einer Europakarte den Rhein mal mit einem Entfernungsmesser abzufahren, dann würde mich das sehr wundern. 90 km Unterschied (7%) sollten auf einer größeren Europakarte schon auffallen.
Al Gore weist in "Eine unbequeme Wahrheit" auch auf eine Lehr"meinung" hin, nämlich dass Afrika und Südamerika nie zusammengehörten. Auch hier hat man die "Meinung" inzwischen geändert.

Mal als Hintergedanke für die Zukunft, wenn ihr wissenschaftlich arbeiten sollt. ^^
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Dirty Oerti
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Re: Wissenschaftliches Arbeiten

Beitrag von Dirty Oerti » So Mär 28, 2010 12:58 pm

Ohja, wissenschaftliches Arbeiten :D
Damit wurde ich auch schon gequält.
Der Grundgedanke dahinter, nämlich durch Referenzen Verknüpfungen zu anderen Werken aufzubauen und somit ein umfassenderes Werk zu erreichen ist ja an sich nicht schlecht. Schade ist eben nur, in welch bürokratische Züge dieses Verfahren abgerutscht ist. Erfahrung dadurch habe ich ja beim Schreiben meiner Facharbeit bekommen. Nicht nur, dass jede Quelle einzeln gut recherchiert und eingetragen sein muss (vergisst du eine Quelle, dann kann man schnell mit Unterschleif, 0 Punkten und einem zusätzlichen Jahr an der Schule dastehen), nein, es muss sich auch penibel genau an die äußere Form gehalten werden.
Sprich Schriftgröße 12, eine Schrift ohne Serifen, links 4 cm, die anderen Ränder 3 cm, Zeilenabstand 1,5 etc.
Das ist in meinen Augen kein Kriterium, nach dem eine Arbeit zu beurteilen wäre.

Aber um einmal auf das Problem mit den Quellen zurückzukommen: Wenn Internetquellen erlaubt sind (was sie heutzutage echt sein sollten), dann rate ich in schwierigen Situationen einfach das zu tun, was ich in meiner Arbeit nun auch getan hab: Ich hab mich selbst referenziert. :) Einfach einen Text, der gut als Quelle dienen kann, ins Internet stellen (z.B. hier ins Wiki, wenns denn was mit Computer/Informatik zu tun hat) und dann darauf verweisen, und schon hat man die Formalitäten geklärt :)
Bei Fragen einfach an daniel[ät]proggen[Punkt]org
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Re: Wissenschaftliches Arbeiten

Beitrag von Xin » So Mär 28, 2010 2:00 pm

Dirty Oerti hat geschrieben:Sprich Schriftgröße 12, eine Schrift ohne Serifen, links 4 cm, die anderen Ränder 3 cm, Zeilenabstand 1,5 etc.
Das ist in meinen Augen kein Kriterium, nach dem eine Arbeit zu beurteilen wäre.
Sehr schöne Ausmaße nimmt das an, wenn in solchen Arbeiten Rechtschreibfehler benotet werden. Grundsätzlich finde ich eine gute Rechtschreibung sehr wichtig.
Aber wenn ausländische Schüler aufgrund sprachlicher Defizite in ihren fachlichen Leistungen herabgestuft werden, dann halte ich das für falsch.

Hier müsste in meinen Augen es zwei Noten: Eine Fachliche und eine schriftliche, die aus allen schriftlichen Arbeiten als "Rechtschreibung" oder "Schriftsprache" ins Zeugnis geht.
So kann man ablesen, dass der Schüler in den Fächern Leistung bringt, aber es eben an der Schriftsprache mangelt.
Dirty Oerti hat geschrieben:Aber um einmal auf das Problem mit den Quellen zurückzukommen: Wenn Internetquellen erlaubt sind (was sie heutzutage echt sein sollten), dann rate ich in schwierigen Situationen einfach das zu tun, was ich in meiner Arbeit nun auch getan hab: Ich hab mich selbst referenziert. :) Einfach einen Text, der gut als Quelle dienen kann, ins Internet stellen (z.B. hier ins Wiki, wenns denn was mit Computer/Informatik zu tun hat) und dann darauf verweisen, und schon hat man die Formalitäten geklärt :)
Das widerum habe ich nie gemacht. Ich bin ein Gesamtwerk, dass sich nicht selbst referenziert.
Auch halte ich die Internetlinks für kritisch zu betrachten, denn im Internet steht viel Müll.
Aber eben nicht nur. Wikipedia benutzt wohl inzwischen jeder für die Recherche.
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Re: Wissenschaftliches Arbeiten

Beitrag von Dirty Oerti » So Mär 28, 2010 2:42 pm

Xin hat geschrieben:Wikipedia benutzt wohl inzwischen jeder für die Recherche.
Ja, und wie. Aber ich erinnere mich noch an die Zeit (wobei das gut gesagt ist, ab und zu ist das noch jetzt so) als Wikipedia-Quellen in Referaten nicht anerkannt wurden. Das fand ich dann schon schlecht. Bei meiner Facharbeit wurden Wikipedia-Quellen glücklicherweise anerkannt, immerhin waren ja fast 90% meiner Angaben aus Wikipedia. Das ist aber vorallem im mathematischen Bereich, sicher aber in vielen anderen auch inzwischen, keine schlechte Sache, da hat Wiki nämlich einfach die besten Informationen.
Xin hat geschrieben:Hier müsste in meinen Augen es zwei Noten: Eine Fachliche und eine schriftliche, die aus allen schriftlichen Arbeiten als "Rechtschreibung" oder "Schriftsprache" ins Zeugnis geht.
So kann man ablesen, dass der Schüler in den Fächern Leistung bringt, aber es eben an der Schriftsprache mangelt.
Rechtschreibung halte ich auch für sehr wichtig. Danach zu benoten ist nunmal problematisch. Zum einen kann man sagen, dass es durchaus gerechtfertigt ist, erwartet man in der Schule ja nicht nur fachliche Kompetenz sondern auch Fähigkeiten, sich auszudrücken. An einer Uni sollte es eigentlich nicht das Problem sein, denn dort sollte dann doch hoffentlich jeder schon mit einer entsprechenden Rechtschreibung aufwarten können :)
So eine Unterteilung in zwei Noten wäre aber wohl gut. Und wenn die schriftliche zu stark absackt, dann müsste ein "Aufbesserungsseminar" besucht werden, oder so ähnlich.
Xin hat geschrieben:Das widerum habe ich nie gemacht. Ich bin ein Gesamtwerk, dass sich nicht selbst referenziert.
Ja, aber so kann man diese Bürokratie schön umgehen :)
Xin hat geschrieben:Auch halte ich die Internetlinks für kritisch zu betrachten, denn im Internet steht viel Müll.
Auch das stimmt. Ich hab mindestens 5 Seiten im Internet gefunden, die den RSA Algorithmus falsch beschreiben. Auch bei der Suche nach Ideen für meinen Kernel bin ich schon auf so einige falsche Inhalte gestoßen, mit Code, der als "Muster" da stand sich aber nicht einmal kompilieren ließ (wegen falscher Verwendung des gcc Inline Assemblers)
Aber wenn man mehrere Quellen zusammen nimmt und vergleicht, und dabei nicht nur abschreibt sondern auch den eigenen Verstand mitarbeiten lässt, dann kann man ganz brauchbare Resultate erzielen :)
Bei Fragen einfach an daniel[ät]proggen[Punkt]org
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Re: Wissenschaftliches Arbeiten

Beitrag von Xin » So Mär 28, 2010 3:13 pm

Dirty Oerti hat geschrieben:
Xin hat geschrieben:Hier müsste in meinen Augen es zwei Noten: Eine Fachliche und eine schriftliche, die aus allen schriftlichen Arbeiten als "Rechtschreibung" oder "Schriftsprache" ins Zeugnis geht.
So kann man ablesen, dass der Schüler in den Fächern Leistung bringt, aber es eben an der Schriftsprache mangelt.
Rechtschreibung halte ich auch für sehr wichtig. Danach zu benoten ist nunmal problematisch. Zum einen kann man sagen, dass es durchaus gerechtfertigt ist, erwartet man in der Schule ja nicht nur fachliche Kompetenz sondern auch Fähigkeiten, sich auszudrücken. An einer Uni sollte es eigentlich nicht das Problem sein, denn dort sollte dann doch hoffentlich jeder schon mit einer entsprechenden Rechtschreibung aufwarten können :)
Ich habe einige Zeit in einem Forschungsinstitut in Griechenland gearbeitet. Meinst Du, ich kann griechisch? Meinst Du, die anderen Forscher können griechisch? Das interessiert auch keinen. Genausowenig, wie es interessiert, ob Du eine gute englische Aussprache hast.
Die Frage ist, ob Du etwas herausfindest.
Und ich halte es für absolut daneben, wenn Menschen davon abgehalten werden, bei sowas teilzuhaben, nur weil sie im Abitur ihre Chemie-Klausur in nicht perfektem Deutsch geschrieben haben, deswegen Wartesemester brauchen oder gar nicht erst studieren können, weil ihnen das Geld fehlt oder andere vorgelassen werden, die zwar von Chemie nix verstehen, aber dafür eine bessere Rechtschreibung haben.

In meinen Augen hakt's da gewaltig.
Dirty Oerti hat geschrieben:So eine Unterteilung in zwei Noten wäre aber wohl gut. Und wenn die schriftliche zu stark absackt, dann müsste ein "Aufbesserungsseminar" besucht werden, oder so ähnlich.
Mir egal... die Ausländer, die was werden wollen, wollen auch Deutsch beherrschen, aber das kann ich doch nicht als Vorraussetzung vorgeben, um deren fachliche Fähigkeiten zu bewerten.
Dirty Oerti hat geschrieben:Ich hab mindestens 5 Seiten im Internet gefunden, die den RSA Algorithmus falsch beschreiben. Auch bei der Suche nach Ideen für meinen Kernel bin ich schon auf so einige falsche Inhalte gestoßen, mit Code, der als "Muster" da stand sich aber nicht einmal kompilieren ließ (wegen falscher Verwendung des gcc Inline Assemblers)
Hier habe ich noch eine Qualitätsoffesive im Hinterkopf... ich will, dass jeder Quellcode hier kompiliert und als Test-Projekt vorliegt.
Die Kritik gilt nämlich für Proggen.org ebenso.

Wie geht's Deinem Kernel inzwischen? Update mal Deinen Thread :-)
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Re: Wissenschaftliches Arbeiten

Beitrag von Dirty Oerti » So Mär 28, 2010 4:48 pm

Xin hat geschrieben:Ich habe einige Zeit in einem Forschungsinstitut in Griechenland gearbeitet. Meinst Du, ich kann griechisch? Meinst Du, die anderen Forscher können griechisch? Das interessiert auch keinen. Genausowenig, wie es interessiert, ob Du eine gute englische Aussprache hast.
Die Frage ist, ob Du etwas herausfindest.
Und ich halte es für absolut daneben, wenn Menschen davon abgehalten werden, bei sowas teilzuhaben, nur weil sie im Abitur ihre Chemie-Klausur in nicht perfektem Deutsch geschrieben haben, deswegen Wartesemester brauchen oder gar nicht erst studieren können, weil ihnen das Geld fehlt oder andere vorgelassen werden, die zwar von Chemie nix verstehen, aber dafür eine bessere Rechtschreibung haben.
Ja, deshalb ist diese von dir angesprochene "zweistufige" Bewertung in meinen Augen echt nicht schlecht. Man hat so zusagen dann eine Note aufs "Fach" und eine auf die "Konversationsfähigkeiten".
Am einfachsten wäre es noch immer, wenn man sich einfach auf eine Sprache einigen könnte, zumindest für wissenschaftliche/technische Dinge.
Englisch würde sich da anbieten.
Xin hat geschrieben:Hier habe ich noch eine Qualitätsoffesive im Hinterkopf... ich will, dass jeder Quellcode hier kompiliert und als Test-Projekt vorliegt.
Die Kritik gilt nämlich für Proggen.org ebenso.
Das ist eine gute Idee, das sollten wir machen.
Dann kann ein Hinweis unter die jeweiligen Sourcen eingefügt werden ala "Erfolgreich getestet am XX.XX.XXXX"
Xin hat geschrieben:Wie geht's Deinem Kernel inzwischen? Update mal Deinen Thread :-)
Besser gehts ihm (ihr?^^) wieder. Ist einiges an Arbeit in letzter Zeit hineingefloßen. Wenns so weitergeht, dann werd ich meinen Thread dazu auch mal updaten, aber ich will jetzt noch keine falschen Hoffnungen machen ;)
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