fat-lobyte hat geschrieben:Du werkelst also quasi noch im "Keller"? Macht durchaus Sinn, dass du deine Grundsteine alleine auslegst. Solltest du dann aber deine wichtigsten Ideen implementiert haben und dein Projekt veröffentlicht haben, solltest du vielleicht nicht in den Keller zurückgehen. Ein interessanter (obgleich ziemlich länglicher) Artikel ist folgender:
The Cathedral and the Bazaar. Die Moral der Geschicht: Lieber alles auf den Tisch schmeißen und herzeigen was man hat, als Zuhause in seinem Kellerchen zu graben.
Ich lege hier ja teilweise schon Dinge frei. Ich versuche hier eine Unterhaltung über Features mit Leuten zu führen, unterhalte mich mit Arbeitskollegen und befreundeten Informatikern, bin bei Facebook die "Compilerbau"-Gruppe beigetreten, auch um mich auszutauschen. Die Gruppe ist aber im Prinzip tot. Compilerbau macht offenbar kaum einer ernstzunehmend.
Ich habe vor Jahren im IRC versucht mich mit Leuten auszutauschen, wo mir erklärt wurde, dass die Teile, die ich schon geschafft hatte, nicht schaffen kann, weil das viel zu viel für eine einzelne Person ist. Das diese Teile schon laufen, war da überhaupt kein Argument.
Es ist verhältnismäßig schwer Leute zu finden, die einerseits kritisch an Visionen herangehen und gleichzeitig in der Lage sind, Visionen nicht gleich als Spinnerei abzutun. Und natürlich müssen sie über genug Know-How verfügen, um überhaupt zu verstehen, was und warum ich hier tue.
Wenn vielleicht 5% der schon ausgesuchten Leute, das können, dann muss ich 100 Leuten sehr viel erklären, um daraus 5 Leute zu finden, die halbwegs verstehen, was ich mache und davon sagen 3, dass das eh zuviel Aufwand ist und nie fertig wird. Und wenn ich ehrlich bin, dann bin ich jetzt seit 10 Jahren dran (habe aber halt "nebenher" ein Diplom gemacht, im Ausland gearbeitet und habe einen 40 Stundenjob und Du hast ja einen ungefähren Eindruck, was hier in den letzten Jahren sonst noch so los ist). Ich bin also selbst schon in Überlegung geraten, ob ich das Projekt nicht an den Nagel hängen soll.
Nun bin ich nicht gut darin, Dinge aufzugeben. Ich habe in diesem Jahr bisher vergleichsweise viel Zeit gehabt, Dinge zu erledigen und weiter zu kommen. Ich bin seit 10 Jahren bei der Version 0.01, aber ich sehe die Chance, bald eine mal 0.02 zu machen.

Es geht weiter!
Ich habe aber nicht die Zeit 100 Leuten alles zu erklären, um dann 2 zu haben, die sich eventuell einbringen würden, wenn sie Zeit haben. Die Zeit stecke ich lieber in das Projekt.
fat-lobyte hat geschrieben:Xin hat geschrieben:Im OpenSource-Bereich sehe ich die besten Chancen, dass es sich verselbstständigt und gleichzeitig die größte Konkurrenz: Wozu einen Genesys-Compiler nehmen, wenn der gcc doch viel populärer ist?
Stellt man beide gleichberechtigt auf, wird Genesys verlieren.

Der GCC ist nicht deine Konkurrenz, und zwar ganz und gar nicht

Der GCC steht für sich, und wird wohl noch lange ungeschlagen an der Spitze bleiben. Der einzige echte Konkurrent des GCC ist der von Apple finanzierte
Clang (von dem ich ein Fan bin

).
Dein Konkurrenz wären Sprachen wie Python, Go, Perl, Java *ähem*.
Die siehe ich eher als beiläufige Konkurrenz an. Würde ich mich etwa in der Ecke um Perl/Python/PHP breitmachen können, wäre ich aber auch schon happy.
Ab dem Zeitpunkt ist man im Rennen - von da an muss nur noch an die Spitze fahren.

Ich sehe die Hauptaufgabe eher darin, die Qualifikation zu schaffen.
fat-lobyte hat geschrieben:Proprietär habe ich vermutlich in einem Nischensegment eine Chance. Vielleicht mache ich auch eine OpenSource-Version und nehme die Teile der Sprache aus der OpenSource-Version raus, die ich für ein propritäres Produkt brauche raus.
Ich stell mir das schwierig vor. Da muss es wohl radikale Features geben, die sonst noch nie gesehen wurden.
Ich glaube nicht an radikale Features. Ich habe einige demonstrative Änderung in der Vorstellung von "Default". Du darfst nichts, ohne dass Du es nicht explizit sagst.
Die funktionale Programmierung ist nichtmals radikal anders. Und außer bei einigen Freaks ist das Interesse überschaubar.
Ich habe zwar ein Diplom, aber ich sehe mich nicht als Akademiker. Ich überlege nicht in erster Linie, wie ich den Ansprüchen der Wissenschaft genüge, sondern wie ich ein Werkzeug schaffe, das im Alltag hilfreicher ist als die Werkzeuge, die im Alltag verwendet werden.
Damit muss ich aber erstmal ein alltägliches Werkzeug schaffen: Also geht "radikal" anders per Definition schon nicht.
fat-lobyte hat geschrieben:Xin hat geschrieben:Ich will mich da noch nicht festlegen, denn wenn der Compiler frei wird, muss ich auch frei genug sein, um mich um dessen Entwicklung kümmern zu können.
Ich glaube, das muss nur am Anfang sein. Wenn du dein Grundgerüst aufgebaut hast, die wichtigsten Ideen implementiert hast und einen User/Entwicklerstamm aufgebaut hast, dann wird das ding langsam von selbst laufen.
Kleines Beispiel: Linus Torvalds hat in den letzten Jahren ziemlich wenig zeilen Code selbst geschrieben. In einem neueren Talk hat er sich selbst als "Manager" des Kernels beschrieben.
Ich muss kein Linus Torvalds werden. Ich muss aber auch nicht ewig der einzige Entwickler bleiben - ich habe im Studium Leute gesucht, die fähig und bereit waren, mit zu machen. Ich habe keinen gefunden, denn wer fähig war, hat sich immer überlegt, ob er ohne Lohn sich an einer Vision eines anderen beteiligt oder Geld verdient. Also haben die Leute Geld verdient.
Dann habe ich einige Jahre vor proggen.org einem damals 15jährigen geholfen programmieren zu lernen mit dem Ziel. Der wollte mir unbedingt helfen. Da habe ich einiges an Zeit reingesteckt. Lange bevor er überhaupt in der Lage war, mir helfen zu können, entdeckte er, dass er genug weiß, um damit Geld zu verdienen. Er hat mal ein, zwei Semester Informatik studiert und man hat ihm gesagt, dass er für das Studium eigentlich schon zuviel kann. Also hat er Firmen gegründet und das Studium an den Nagel gehängt.
Inzwischen versucht er mich davon zu überzeugen, für ihn zu arbeiten.
Der Punkt ist nicht, dass ich alleine arbeiten will, sondern dass man für die Entwicklung einer Sprache einiges an Erfahrung, viel Disziplin und sicher in der Programmierung sein muss. Und lange bevor man da ankommt, ist man in der Wirtschaft schon gut bezahlt, hat aber keine Zeit mehr für solche Projekte.
Und inzwischen habe ich auch eine "kleine" Codebasis, die ich nicht einfach so verteilen mag, nur weil jemand mal sagt, dass er helfen will.