Metamorph hat geschrieben:Die Frage ist, ob Gefühle wirklich etwas mit Intelligenz zu tun haben.
Ich denke doch, allerdings ist es in meinen Augen eine andere Form von Intelligenz. Während die digitale Logik und der Verstand doch recht eng zusammenarbeiten, sind Gefühle eher eine analoge Geschichte.
Wenn Du aus einer Kanne einen Liter Wasser in ein leeres Gefäß mit mehr als einem Liter Volumen schüttest, wieviel Liter Wasser ist danach im Gefäß?
(Welches Gefühl hast Du bei dieser Frage?)
Bei abstrakter logischer Betrachtung, befindet sich ein Liter Wasser im Gefäß. Dieses Denken reicht im Alltag, es bleibt überschaubar. Und doch hält es bereits einem zweiten Blick nicht mehr stand.
Denn in der "analogen" Welt, sieht die Sache anders aus: es wird weiterhin noch etwas Wasser in der Kanne sein. Ein paar Tropfen können beim Einschütten verspritzt worden sein und während Du das Wasser umschüttest, verdampft ein kleiner Teil. Sollte es also grade nicht regnen, wird vermutlich weniger Wasser im Gefäß sein. Auch all das ist logisch nachvollziehbar, aber es logisch zu messen ist ein sehr großer Aufwand. Die analoge Methode, z.B. die Kanne vorher und naher zu wiegen ist da einfacher. Wir erfahren durch Nachmessen, dass weniger Wasser in der Kanne ist. Durch unsere Schütttechnik (Kanne umkippen, Richtung Gefäß werfen oder Wasser vorsichtig einfließen lassen) haben wir Situationen, zwischen denen wir Erfahrungswerte abschätzen können. Schnelles schütten liegt zwischen Kanne umkippen und vorsichtig einfließen lassen, also wird uns unser Gefühl sagen, dass es irgendein Mittelwert ist. Je mehr Erfahrung wir haben, desto genauer wird die Information sein, ohne dass sie logisch errechnet wurde.
So sehe ich unsere Gefühlswelt: Erfahrungen und Situationen als "analog" zu verarbeiten und ein gutes oder schlechtes Gefühl dabei zu haben. Es ist ein analoges Messen, ein abschätzen, das die logische Komponente weglässt, um Zeit und Energie zu sparen. Vorurteile basieren darauf und Vorurteile sind nicht vorzuverurteilen, sie sind lebensnotwendig. Man sollte nur wissen, dass man sie regelmäßig in Frage stellen sollte.
Ich habe Dich eben gefragt, welches Gefühl Du bei der Frage hattest: Die Situation war, dass Du gefragt wurdest, wieviel Wasser ist ein einem Gefäß, wenn man einen Liter Wasser reinkippt. Die Antwort ist logisch offensichtlich, aber Dein Gefühl wird Dir gesagt haben, dass 1 Liter nicht die richtige Antwort sein kann. Du wirst aus Erfahrung wissen, dass solche offensichtliche Fragen nur dann gestellt werden, wenn es einen Haken gibt, den Du finden musst. Du wirst in dem Moment aber nur die Sitation "offensichtliche Antwort auf Frage" begriffen haben und in den Schubladen Deiner Erfahrung gesucht haben und das passende Gefühl dafür rausgekramt haben: Skepsis. In dem Moment, wo ich Dir die Frage nach Deinem Gefühl stellte, hättest Du es aber nicht logisch begründen können.
Metamorph hat geschrieben:Xin hat geschrieben:Nein. Gefühle sind zwar eine Statusänderung, doch keine plötzliche. Ein plötzliches Erlebnis (Bleistift fällt unerwartet vom Tisch) setzt Adrenalin frei, was zu fokussierterem, eingeschränktem Denken führt und Fluchtverhalten, Schmerzunempfindlichkeit.
Das erinnert mich an die ArithmeticException in Java. Kommt eine unerwartete arithmetische Berechnung im Programm vor, wird der normale Programmverlauf abgebrochen und die Standardfehlermeldung erscheint. Da ist es für das Programm nicht relevant, ob es eine Division duch 0 oder eine Wurzel aus einer negativen Zahl ist.
Es wurde nur der normale Verlauf gestört und darauf hat das Programm reagiert.
Ähnlich sehe ich das bei Gefühlen wie Angst, obwohl diese wesentlich komplexer sind. Sie sind auch nur Reaktionen auf bestimmte Situationen.
Wieso ist Angst komplex? Angst ist grundlegend, Angst ist das Gefühl, dass die eigene Existenz geschützt werden muss. Aber was ist daran komplex? Angst ist eins der Gefühle, dass so grundlegend ist, dass es eine Basisklasse in der KI sein müsste, von dem sich komplexere Gefühle, wie oben genannte Skepsis - die Angst reingelegt zu werden - ableiten und zwar durch lernen, durch die Erfahrung reingelegt worden zu sein.
Metamorph hat geschrieben:Es stellt sich aber die Frage, was Intelligenz letztendlich ist und wie man sie definiert. Dazu bedarf es einer streng rationalen und objektiven Definition und, um dann Missverständnisse zu beseitigen, einer physikalischen Größe und Einheit.
Ich weiß nicht, ob eine physikalische Einheit möglich ist. Wir haben bisher drei elementare Größen in diesem Universum entdeckt: Masse, Energie und Information. Wir wissen heute, dass man Materie und Energie in Verbindung mit der LIchtgeschwindigkeit gleichsetzen kann. Wir wissen also, dass ein Liter Wasser recht energiereich ist. Das oben beim vorsichtigen Umschütten verspritzte Wasser kann problemlos der Energie entsprechen, die aus Braunkohle gewonnen wird, die mit einem ein Kilometer lang Zug transportiert werden müsste.
Schornsteine sind von der Energiebilanz eines Kraftwerks vollkommen kontraproduktiv - würden wir den Rauch in einen Materie-Energie-Konverter stecken, hätten wir mehr davon. Nachteil ist halt nur, dass sich schwarze Löcher nicht auf Abgase spezialisiert haben.
Die bisherigen Versuche, Information in die Physik zu bekommen, sind allerdings eher bescheiden, jedenfalls das was ich bisher davon gehört habe. Es sind eher philosophische Betrachtungen, als physikalische. Auch sind mir als Informationswissenschaftler keine Größen bekannt, die den Wert einer Information kennzeichnen könnten.
Wir können Information gestalten, in dem wir zum Beispiel Pixel in einer gewissen Anordnung - in Formation - auf dem Bildschirm darstellen, aber wir können daraus weder Materie, noch Energie generieren.
Wir wissen, dass Leben ohne Information nicht möglich ist. Dein Körper sind Atome inFormation, deine Umwelt ist inFormation. Verstreut sie sich im Vakuum, verliert sich die Information in Entropie, so gibt es weder Leben, noch die Information, dass es Leben gegeben haben könnte: Das "Nichts" aus der unendlichen Geschichte.
Eine grundlegende Eigenschaft für Information ist Schwerkraft, denn sie hält Informationen zusammen.
Wir wissen, dass Äpfel von Bäumen fallen. Wir wissen aber nicht warum.
Wir erfahren und fühlen Schwerkraft. Das Thema ist aber zu komplex, als dass Menschen es bisher mit ihrem Verstand erfassen oder beschreiben können. Es gibt Theorien, wie Schwerkraft funktioniert. Und die Erfahrung, dass bisher alles, was dichter als Luft ist, sich nach unten bewegt.
Wir sind noch nicht soweit, um Information messen zu können. In dem Fall ist die Informatik weiter - aber finde mal einen Informatiker, der sein Geld mit Informations-Wissenschaften verdienen kann, die meisten schreiben Datenbankanwendungen.
Metamorph hat geschrieben:Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass man bestimmte menschliche Eigenschaften weglassen sollte, um dem Ziel der KI näher zu kommen.
Ich bin der Überzeugung, dass wenn wir KI erzeugen wollen, wir uns den Menschen und der Sprache widmen müssen. Der Mensch ist nunmal die am weitesten entwickelte KI auf diesem Planeten.
Metamorph hat geschrieben:Ich frage mich, ob eine KI überhaupt Gefühle braucht. Wenn das Gefühl als Reaktion angesehen wird, dann schon. Wenn aber Gefühle das Bewusstsein der KI trüben, sowie es beim Menschen oft der Fall ist, sind sie doch eher hinderlich.
Ich sehe Gefühle beim Menschen direkte Implementierung von Hash-Tables.
Die Werkzeuge für ein künstliches Bewußtsein haben wir in der Informatik. Wir haben nur noch nicht die Information, was notwendig ist, um ein künstliches Hirn anzufahren oder gar aufzubauen.
Metamorph hat geschrieben:Ein weiteres Problem für eine KI in einer solchen Situation ist, zu entscheiden, ob die jeweilige wahrgenommene Information (Stift fällt runter, Mensch stirbt) wichtig ist. Zum Glück können wir vergessen. Ansonsten würden wir wegen sämtlichen Details verrückt werden. Einer KI ginge es nicht besser. => Datenmüll und lange Rechenzeiten
Was das runterbrechen auf Grundinformationen erforderlich macht.
Ein Erlebnis wird auf einen elementaren Datentyp runtergebrochen, der als Schlüssel in eine Hash-Table gesteckt werden kann, um die passende Reaktion abzurufen. Was mir dazu passend auffällt ist, dass die Erweiterung der Hashtable, die das Anlegen eines neuen Schlüssels erfordert im Deutschen 'Schlüsselerlebnis' genannt wird.
Sprache ist häufig ein gutes Indiz für Zusammenhänge. Auch wenn die Worte aus unterschiedlichen Richtungen für unterschiedliche Sachverhalte genutzt werden, so kennzeichnen sie doch häufig ähnliche Bedeutungen. Ein Grund, weshalb ich mich bei der Entwicklung von Genesys (meiner Programmiersprache) auch gerne mit menschlicher Sprache auseinandergesetzt habe und ein Grund, warum ich mit Bedauern feststelle, dass die Sprachkultur der Jugendlichen sich durch mangelnde Sprachkenntnisse vereinfacht (neutral ausgedrückt).
"Languages shapes the way we think, and determines what we can think about." (B.L.Whorf)
Eine KI, die sich mitteilen soll, muss Sprache lernen können. Wir haben keine Worte, um den Wert von Informationen zu beschreiben, also fällt es uns schwer, über den Wert von Informationen zu denken.
Merke: Wer Ordnung hellt ist nicht zwangsläufig eine Leuchte.
Ich beantworte keine generellen Programmierfragen per PN oder Mail. Dafür ist das Forum da.